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Museumsmanagement Niederösterreich, Foto: Katrin Vogg

Smart Cities – Smart Museums?

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„Wie kann das Stadtmuseum ein relevanter Ort für die Stadtgesellschaft im 21. Jahrhundert sein, bleiben oder werden?“ – Dieser Frage gingen Vortragende einer Tagung im Potsdam Museum auf den Grund, die in Kooperation mit der Kulturstiftung des Bundes im September 2019 stattfand.

Im Rahmen des Weiterbildungsprogramms Erasmus+, das Mitarbeitende im Museumsbereich europaweite Fortbildungen ermöglicht, durfte ich diese Konferenz besuchen.

Stadtmuseen im kulturellen Wandel

Themenschwerpunkte behandelten „Sammeln und Ausstellen im digitalen Zeitalter“, „Räume schaffen und Präsenz zeigen – das Museum als sozialer Ort“ und „Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft von Stadtmuseen“. Unter den Vortragenden waren u.a. Gesa Ziemer (Direktorin des CityScienceLab der HafenCity Universität Hamburg), Paul Spies (Direktor der Stiftung Stadtmuseum Berlin und Chefkurator im Humboldt Forum), Susanne Gesser (Leiterin des Jungen Museums am Historischen Museum Frankfurt) und Paul van de Laar (Generaldirektor des Rotterdam Museums).

In Zeiten sich verändernder gesellschaftlicher Zusammensetzungen und rasanter technologischer Entwicklungen, in Zeiten von kulturellem Wandel und komplexer werdendem Alltag sind auch Stadtmuseen gefordert, darauf zu reagieren bzw. aktiv zu agieren, um relevante Orte für die Menschen zu sein. Weg von den manchmal reinen Sammlern und Bewahrern von Objekten hin zu einem Ort der Begegnung, zu einem Forum, einem Treffpunkt für Bewohnerinnen und Bewohner, zu einem Experimentier- und Diskussionsort, einer Zukunftswerkstatt, einem viel diskutierten „dritten Ort“.

Radikal denken und Stadtlabor unterwegs

Um identitätsstiftend für den Ort und seine Bewohner zu sein, bedarf es neben der Öffnung des Museums auch anderer Formate und Themen.

Zum Beispiel das Verlassen der Museumsräume und Hinausgehen zu den Menschen, wie es das Historische Museum Frankfurt in seinem Stadtlabor unterwegs macht. Es entstanden Filme, Ausstellungen, Sammlungs-Checks zum Thema Migration – alle partizipativ, gemeinsam mit den Frankfurterinnen und Frankfurtern. Die Menschen vorort wurden als Expertinnen und Experten zu relevanten Mitgestaltenden.

Es bedarf der Kooperation mit anderen Institutionen, mit Stadtentwicklern, Schulen, Künstlerinnen und Künstlern, sozialen Einrichtungen, NGOs - eben auch mit „absolut genrefremden“ Personen oder Institutionen – deren kritischer Blick von außen wertvollen Input liefern kann.

Es bedarf Themen wie Mobilität, Umwelt, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Migration, Integration, Stadtentwicklung – Themen, die die Menschen heute bewegen.

Es kann ruhig auch mal radikal gedacht werden. Wozu brauchen wir überhaupt Museen? Wie schaut ein Museum ohne Objekte aus?

Es soll die Öffnung für und Einbindung von neuen Zielgruppen überlegt werden. In Stuttgart, der „Mutterstadt des deutschen Hip-Hops“ wurde dem im Stadtpalais – Museum für Stuttgart Rechnung getragen, und zwar mit Veranstaltungen wie Jam Sessions oder etwa einer Sonderausstellung zu den „Fantastischen Vier“.

 

Partizipativ, inklusiv, digital - und im Burnout?

Viel Stoff zum Nachdenken und Evaluieren, umfassende Einblicke in aktuelle Museumsthemen, viele Best-Practice-Beispiele und mögliche Zukunftsszenarien für Museen: All das beinhalteten die ersten beiden Tage der Tagung.

Wirklich schade, dass ich unvorhergesehen früher abreisen musste, denn sehr gerne wäre ich noch bei den Praxis-Workshops am letzten Tag dabei gewesen. Vielleicht wären dort auch noch einige Fragen aus der Publikumsdiskussion näher besprochen worden, wie:

„Wir müssen unseren Bildungsauftrag erfüllen und die geforderte Besucherzahl ins Museum bringen. Wo bleiben da noch Ressourcen für Projekte außerhalb unserer Museumsräume?“

Oder: „Wir sind ein kleines, regionales Museum mit limitierten Kapazitäten. Wie sollen wir es schaffen, partizipativ, inklusiv und am Puls der Zeit zu sein?“

Und hier in Niederösterreich?

Diese Fragen aus dem Publikum werden sich wohl auch viele Museumsmenschen aus Niederösterreich stellen. Nein, man kann und soll sich nicht radikal wandeln, das ist wohl weder möglich noch zielführend. Aber viele Museen auch in unserem Bundesland zeigen bereits jetzt beispielhaft vor, wie mit kleinen Impulsen und Interventionen Schritte gesetzt werden, damit die Museen in unseren Regionen relevante Orte für die Gesellschaft im 21. Jahrhundert sind, bleiben und werden.

 

Die Vorträge der Tagung können auf dem YouTube-Kanal der Kulturstiftung des Bundes nachgehört werden.

Hier kann das wunderbare Grapic Recording der Tagung angeschaut werden. 

 

Text: Karin Böhm