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Museumsmanagement Niederösterreich, Foto: Katrin Vogg

"Digitale Projekte" am Museumsmittwoch-Stammtisch

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Zoom Museumsmittwoch Screenshot

„Ich glaube nicht, dass das Digitale der Friedhof für das traditionelle Museum ist.“ (Petr Chlebec)

Inwiefern sind digitale Medien in Museen heutzutage tatsächlich notwendig? Was können sie leisten, wo liegen ihre Grenzen? Und schaffen sie im Endeffekt nicht auch wieder Distanz zwischen Besucherinnen/Besuchern und dem Museum?

Diesen und vielen weiteren Fragestellungen widmete sich der 2. digitale Museumsmittwoch, der vom Museumsmanagement NÖ im Nachklang des Niederösterreichisch-Tschechischen Museumstags am 14.4.2021 auf Zoom abgehalten wurde. Zur Vernetzung der Nachbarregionen auch im persönlichen Gespräch wurde der Museumsmittwoch im Zuge des Interreg-Projekts I-Cult ATCZ49 Deutsch-Tschechisch simultan gedolmetscht. So bot sich einem breiten Publikum die Möglichkeit, miteinander in Diskussion zu treten: vom Heimatmuseum über Mitarbeitende aus Kulturvermittlung und Marketing bis hin zu Lehrenden der Donau-Universität Krems.

 

Bischof Karls Traum und ein virtueller Stadtspaziergang in Tulln

Zwei der Vortragenden des Museumstags erklärten sich bereit, beim Museumsmittwoch nähere Einblicke in ihre eigenen digitalen Projekte zu gewähren.

Petr Hudec erzählte über die Entstehung von und erste Erfahrungen mit der für die Erzdiözesanmuseen Olmütz und Kroměříž entwickelten App „Bischof Karls Traum“, einer primär für Familien kreierten App, in der Bischof Karl die Gäste selbst durch die Ausstellung führt und sie ermutigt, spielerisch Aufgaben auf dem Tablet auszuführen.

„Unsere App soll die Kommunikation innerhalb der Familie unterstützen und nicht eine digitale Einsamkeit erschaffen. Deshalb wurde absichtlich kein Audiotool integriert, um die Kommunikation der Eltern mit den Kindern und den Personen im Museum zu fördern." (Petr Hudec)

Die App wurde bewusst nur für die Benutzung in den Museumsräumlichkeiten konzipiert. Die Stadtgemeinde Tulln verfolgte hier einen anderen Ansatz: Andreas Pimperl entwickelte gemeinsam mit Isabelle Blanc von Toikoi die App Virtulleum, die 30 Museumsgegenstände auch direkt mit ihren Fundorten bzw. themenrelevanten Punkten im Stadtgebiet verbindet und so nicht nur zu Entdeckungstouren in Tulln einlädt, sondern auch als Marketingtool fungiert, indem es Spaziergängerinnen und Spaziergänger auf das Museum hinweist. Dabei wurde bewusst auch ein sehr spielerischer Zugang gewählt.  

„Man braucht immer etwas Bekanntes, um in ein Thema einzusteigen – das Handy gibt den Kindern Sicherheit. Museumsapps sind zudem eine Einladung, sich die Objekte im Detail anzusehen.“ (Isabelle Blanc)

 

Digitale Inhalte als Untergang für das klassische Museum?

Die Vortragenden sprachen über die Projektvorbereitungen, Ideenfindungsprozesse, Recherche, Zweifel und erste Evaluierungen. Aber natürlich waren nicht nur Apps ein großes Thema, auch die generelle Nutzung neuer Medien im Museum wurde thematisiert.

„Anfänglich gab es die Diskussion, ob digitale Inhalte nicht den Untergang für das klassische Museum, wie wir es kennen, bedeuten, weil sie die Aufmerksamkeit von den Exponaten weglocken hin zum Bildschirm. Und heute können wir uns viele Ausstellungen ohne audiovisuelle Elemente gar nicht mehr vorstellen. Wichtig sind nur gute Ausstellungsgestalter, die mit ihnen gut umgehen können und so dafür sorgen, dass diese zwei Welten nicht voneinander getrennt werden.“ (Anna Soldánová)

Auch wirtschaftliche Aspekte kamen zur Sprache – so werden sowohl die Kosten von digitalen Inhalten oft unterschätzt als auch ihre potenzielle Wirkung nach Außen und ihr Nutzen bei der Verbreitung von musealen Inhalten.

"Digitale Angebote und Inhalte sind sehr wertvoll, aber nicht gratis, sie müssen der Kommune und der Politik auch etwas Wert sein." (Anja Grebe, Donau-Universität Krems)

Die VIRTULLEUM-App kann in den App Stores von Apple und Google play gratis heruntergeladen werden, siehe auch www.virtulleum.at. „Bischof Karls Traum“ kann nur vor Ort genutzt werden.

 

Museumsmittwoche als digitale „Stammtische"

Die Museumsmittwoche bleiben als digitale Gesprächsplattform zur Begegnung und Vernetzung bestehen und bieten die Möglichkeit, sich über aktuelle Themen der Museumswelt auszutauschen.

Der nächste Museumsmittwoch findet am 28.4.2021 auf Zoom statt. Stefania Pitscheider Soraperra vom Frauenmuseum Hittisau und Eveline Klein aus dem Museum St. Peter an der Sperr in Wiener Neustadt diskutieren mit Interessierten über das Thema „Kulturvermittlung neu denken“. Anmeldungen sind unter office@noemuseen.at möglich.

Weitere Informationen zu den Museumsmittwochen sowie Termine und Themen finden Sie unter https://www.noemuseen.at/museumsmittwoch.

Text: Patricia Nekuda