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Museumsmanagement Niederösterreich, Foto: Katrin Vogg

Herausforderungen und Magie

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Das Stadtmuseum Korneuburg ist ein kleines Regionalmuseum, in dem wenige Mitarbeiter*innen viele Tätigkeitsbereiche der Museumsarbeiten abdecken. „Ausstellen“ und „Vermitteln“ sind die beiden Aufgabenbereiche, bei denen Sprache und Kommunikation alle Kompetenzen fordern. Eine der Visionen des engagierten Teams ist es, das Museum als ein Haus der Vermittlung erlebbar zu machen.

Wie die – vorwiegend ehrenamtlich tätigen – Mitglieder des Museumsvereins diese Herausforderungen erleben und annehmen, was sie daraus für die Museumsarbeit und auch für sich selbst ganz persönlich mitnehmen, erzählt Kulturvermittlerin Melanie Lopin.

 

 

Ganz entscheidend ist für mich Einfühlungsvermögen, denn „die ganze Kunst der Sprache besteht darin, verstanden zu werden“, wie Konfuzius meint. Dies ist eine große Herausforderung, denn die Kulturvermittlung hat den Anspruch, Besucher*innen einen optimalen Museumsaufenthalt zu bieten. Somit habe auch ich persönlich eine hohe Erwartungshaltung, im Dialog mit meinem Gegenüber möglichst einen Raum des Wohlfühlens und der erfolgreichen Wissensvermittlung zu erzeugen. Nur wenn ich es schaffe, mich in meinen Mitmenschen hineinzuversetzen, habe ich Chancen, im richtigen Moment die richtigen Worte zu wählen und verstanden zu werden. Natürlich ist dies ein sehr ideelles Ziel. Denn jeder ist auch / nur ein Mensch und hat nicht immer einen perfekten Tag, an dem alles klappt wie am Schnürchen. Trotzdem: gerade, wenn ich mir bewusst mache, was Sprache bewirken, oder umgekehrt, welche negativen Folgen „schlechte“ Kommunikation haben kann, dann versuche ich es immer wieder mit meinen Worten die „Welt“ zu verändern – und sei es nur für einen kurzen Moment für einige wenige Menschen.

 

MuseumsMenschen im Schaudepot

Bei dem Pilotprojekt „MuseumsMenschen im Schaudepot“ gab es viele wunderbare Momente, in denen mir (wieder einmal) bewusst wurde, wie essenziell Sprache für uns Menschen ist. In diesem Kulturvermittlungs-Projekt wollte ich ältere Menschen mit Jugendlichen zum Austausch über Museumsobjekte zusammenbringen. Basis dafür war die Web-App „MuseumsMenschen“, welche die Gründungsgeschichte der zehn ältesten Stadtmuseen Niederösterreichs lebendig vermittelt. Dabei treten die Museumsgründer, die sogenannten MuseumsMenschen, als virtuelle Museumsführer in Chats auf und berichten in Dialogform über die Gründungszeit und Objekte. Für das Stadtmuseum Korneuburg wollten wir in generationenübergreifenden Teams neue Inhalte für diesen Multi-Media-Guide erstellen.

Die Teilnehmenden waren sehr gespannt, was sie wohl in den drei Workshops erwartete und wie sie gemeinsam Inhalte für die Web-App erstellen sollten. Diese Erwartungshaltung, die Spannung, kann man in der Kulturvermittlung sehr bewusst nutzen. Vom ersten Moment an, schon bei der ersten Begegnung, sind die Worte entscheidend. Ich kann sprachlich einen Raum erschaffen, in dem sich die Mitwirkenden entspannt und fröhlich fühlen. Ich finde diese ersten Momente einer Kulturvermittlung immer ein bisschen magisch. Sprache schafft hier Realität, ist nicht nur die Arbeitsgrundlage, sondern lässt uns Menschen zueinander finden. Erst dann ist Wissensvermittlung möglich, die alle Anwesenden, also auch mich, miteinschließt.

Unser Projekt eröffnete den Teilnehmenden neue Sichtweisen: Die Jugendlichen eigneten sich Wissen rund um die Objekte, Museumsarbeit und Kulturvermittlung an. Die älteren Menschen überwanden mit den Jugendlichen Hürden bei der Nutzung der digitalen Medien. Die Teams entwickelten so gemeinsam neue Inhalte für den Chat-Dialog. Fragestellungen, Texte und Fotos wurden erarbeitet, die nun allen Nutzer*innen des Multi-Media-Guides zur Verfügung stehen.
Mit diesem Projekt wurden jedoch nicht nur neue Inhalte für die Web-App erstellt, sondern das Museum wurde auch zu einem Ort der Teilhabe, des Brückenbauens zwischen Generationen. Im Jahr 2022 wurde das Projekt mit dem Kulturpreis des Landes Niederösterreich, dem Anerkennungspreis in der Sparte Erwachsenenbildung, ausgezeichnet.

 

Dialogbasis: Werft-Geschichte

Bekanntlich wächst man mit seinen Herausforderungen! Und je größer diese sind, umso spannender die Tätigkeiten. Für neue Projekte braucht man nicht nur Mut, sondern im Bereich der Kulturvermittlung auch viel Geduld, Empathie und Sensibilität für die Sprache. Die Sache wird dann besonders interessant, wenn die Kommunikation in verschiedenen Sprachen abläuft.

Die BBE Korneuburg ist eine Betreuungseinrichtung für rund 100 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die sich dort in der Grundversorgung befinden. Die Jugendlichen sind nur 3-6 Monate lang in Korneuburg und werden dann an verschiedene Standorte weitervermittelt. Um den Jugendlichen eine Abwechslung im Alltag zu bieten und das Ankommen zu erleichtern, laden wir ehrenamtlich ein- bis zweimal pro Monat eine kleine Gruppe von Jugendlichen mit Dolmetscher*in und Begleitung in unser Museum ein. Dazu waren im Vorfeld wichtige Punkte abzuklären: Wie lange können die Jugendlichen, die teilweise traumatisiert sind, einer Kulturvermittlung folgen? Welche Bedürfnisse und Erwartungen haben sie an einen Museumsbesuch? Welche Herausforderungen wird es bezüglich der Kommunikation geben?

Wir haben uns entschieden, den Besuch auf eine Stunde zu begrenzen, um Überforderung zu vermeiden, und auch nur ein Thema aufzugreifen. Mit dem Thema Schiffswerft Korneuburg, vor allem Schiffsantriebe und -typen, ist die Kulturvermittlung eingegrenzt. Bevor wir uns aber mit der Werftgeschichte befassen, ist es mir wichtig, dass sich die Gruppe orientieren und auf das Museum als Ort einstellen kann. Deshalb begrüße ich die Jugendlichen im Foyer und erzähle kurz von der Geschichte des Hauses. Dass es früher ein Tröpferlbad war, ist für viele schon ein interessanter Einstieg. Warum haben Menschen Dinge gesammelt, welche Schwierigkeiten gibt es beim Bewahren, welche Aufgaben hat ein Museum und wie finanziert es sich? – Auch diesen Fragen gehen wir nach.

Durch die Kommunikation mit Übersetzung bin ich in der glücklichen Lage, Zeit zu gewinnen, Reaktionen an den Gesichtern der Gruppe abzulesen und die nächsten Sätze zu formulieren. Dabei ist das Zusammenspiel zwischen meiner Formulierung und der Übersetzung entscheidend! Dazu gehören viel Vertrauen und auch viel Aufmerksamkeit, wenn es vielleicht doch Unsicherheiten bei den Erklärungen gibt. Ich versuche eine lustige und losgelöste Atmosphäre zu erzeugen, damit wir auch gemeinsam nach der richten Wortwahl suchen. Bei einem Rätselspiel zum Thema Werft verwenden wir kleine Kärtchen, auf denen Objektdetails zu sehen sind, die dann im Raum gesucht werden müssen. Dabei entspannen sich die Jugendlichen, freuen sich über die selbständige Aufgabe, lachen viel und wir kommen ins Gespräch. Dieses Miteinanderreden über die Objekte ist für die Herausforderung und gleichzeitig das Ziel in dieser kurzen Zeit mit den Jugendlichen.

 

Die Kunst der (Kultur-)Vermittlung

„Es ist nicht entscheidend, was ich sage, sondern was der andere hört.“

Vera F. Birkenbihl

Regelmäßige Überprüfung, ob die Botschaft ankommt oder ob sie anders formuliert werden sollte, verlangt ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, Selbstreflexion, Sensibilität und Erfahrung. Natürlich arbeiten wir auch mit Methoden, Aufgaben und Spielen, um Wissen sprachsensibel zu vermitteln. Nicht immer ist das, was man vorbereitet hat, angebracht. Oft muss eine gute sprachliche Überleitung gefunden werden, um die Dynamik der Gruppe oder den besonderen Moment der Erkenntnis nicht zu zerstören.

Die Kulturvermittlung stellt an sich selbst sehr hohe Ansprüche, um das Beste für das Museum und seine Besucher*innen zu bieten. Auch wenn die Latte sehr hoch liegt für unsere Mitmenschen das richtige Wort zur richtigen Zeit zu finden, nehmen wir diese Herausforderung gerne an!

Text: Mag.a Melanie Lopin,
Stadtmuseum Korneuburg, Kulturvermittlerin