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Digitale Pause? Das Leben sortieren? Wie man richtig mit alten Fotografien und Ansichtskarten umgeht.

Sie haben schon lange nicht mehr an die eine Schachtel gedacht, verräumt weit hinten, mit all den alten Fotos, Briefen und Postkarten drin, stimmt’s? Immer haben Sie gesagt, in einer ruhigen Minute, da werde ich sie durchgehen. Gscheit beschriften und sortieren, damit auch die Kinder und Enkerl einmal wissen, wer da drauf ist oder wer da wem genau geschrieben hat.
Aber woher weiß man eigentlich, aus welcher Zeit die Postkarte aus Papas oder Opas Sammlung ist und worauf man bei der Lagerung von alten Fotografien achten muss?

 

Ansichtskarten: eine Altersbestimmung

Der erste Anhaltspunkt ist der Poststempel, der verrät, wann die Postkarte – in postalischer Amtssprache – „gelaufen“ ist. Das gibt Ihnen einen Hinweis darauf, wann sie spätestens produziert wurde, allerdings könnte sie bereits einige Jahre vor dem Versand erworben worden sein. Doch nicht alle Karten wurden mit der Post verschickt. 
Zweiter Anhaltspunkt ist der Aufbau der Karte. 1869 als „Correspondenz-Karte“ eingeführt, hatten die ersten Postkarten eine Seite nur für die Adresse reserviert, während auf der anderen Seite sowohl Bild als auch Text untergebracht werden mussten. Meist gab es dafür neben oder unter dem Bild ein eigenes, freies Feld (siehe Ansichtskarte ganz oben). Erst ab 1904 wanderte der Text auf die Adressseite, das Bild durfte fortan eine ganze Seite nur für sich beanspruchen. Ungefähr seit dieser Zeit gibt es auch kolorierte Karten, deren Qualität stets besser wurde.
Schauen wir uns also unsere Ansichtskarte (auf der Seite unten) nochmals an. Die Ortsbezeichnung mit dem Zusatz „N. Oe“ und nicht „N.D.“ (Niederdonau, so wurde Niederösterreich während des NS-Regimes genannt) verrät uns, dass sie vor 1938 produziert wurde. Und nach 1904. Die Art der Kolorierung lässt annehmen, dass diese Ansichtskarte um das Jahr 1910 datiert werden kann. Spannend, nicht wahr?

 

Sauer & vergilbt

Der Hauptbestandteil Holz besteht nicht nur aus Zellstoff: Für die Verholzung der Pflanzen sorgt der Stoff Lignin, der zu einer schnellen Vergilbung und erhöhten Brüchigkeit führt. Seit dem 19. Jahrhundert versuchte man daher, Papier mit möglichst geringem Ligningehalt bzw. aus reinem Zellstoff zu produzieren.
Als Leimstoff wurde lange das aus Baumharz gewonnene Kollophonium in Kombination mit Alaun eingesetzt, die sogenannte „Saure Leimung“. Alaun bewirkt, dass das Papier einen sauren pH-Wert aufweist und damit auf lange Sicht sehr brüchig werden kann. Heute werden zur Leimung synthetische Harze verwendet, die diese Problematik verringern.

 

Dunkel, trocken, kühl

Je älter Briefe und Postkarten sind, desto fragiler sind sie auch und wollen daher mit besonderer Vorsicht behandelt werden.
Papier hat es generell gerne dunkel, relativ trocken und kühl. Eine Lagerung auf dem Dachboden oder nahe der Heizung ist also nicht unbedingt empfehlenswert. Der Keller könnte zu feucht sein. Rasche Temperaturschwankungen mag es gar nicht. Idealerweise suchen Sie Ihren Schätzen also einen Platz, an dem die Temperatur zwischen 16 und 18 Grad liegt und die Luftfeuchtigkeit bei 40–50% (zum Beispiel bietet sich ein Flur an). Darunter wird das Papier wegen Durchtrocknungsgefahr der Fasern gerne spröde, darüber herrscht Aufquell- und Schimmelgefahr. Auch Stockflecken können sich bilden, also rötlich oder bräunlich gefärbte Stellen, an denen sich Feuchtigkeit ansammelt.
Papier wird nicht gerne gefaltet oder eng gerollt. Das strapaziert die Fasern und führt dort sehr oft zu Bruchstellen. Auch mag es Klebestreifen nicht so gerne: Die Klebstoffe dringen mit der Zeit in das Papier ein und können nicht mehr rückstandsfrei entfernt werden. Büro- oder Heftklammern sollten entfernt werden, da das Metall mit der Zeit korrodiert und unschöne Spuren am Papier hinterlässt.

 

Problemfall: alte Fotografien

Ältere Fotografien sind oft verfärbt, ausgeblichen oder weisen einen Silberschleier auf. Diese Schäden sind leider irreversibel. Aber man kann dafür sorgen, dass der Schaden nicht noch größer wird.
Schwarz-Weiß-Fotografien, die bis Mitte des 20. Jahrhunderts produziert wurden, wurden mittels lichtempfindlicher Silbersalze und einer Bindemittelschicht, die meist aus Hühnereiweiß bestand, auf Papier gebannt. Die kleinen Metallteilchen können oxidieren oder sich bei Alterung auf einzelnen Punkten manifestieren. Auch Verbräunung oder Vergilbung tritt häufig auf. Diese chemischen Reaktionen können durch eine niedrige Raumtemperatur und niedrige Luftfeuchtigkeit wesentlich verlangsamt werden. Bei frühen Fotografien ist zu trockene Luft äußerst gefährlich, da sie leicht zu Rissen und Krakelierungen im Hühnereiweiß führt.
Moderne chromogene Farbfotografien, wie sie seit den 1960ern produziert werden, bleichen eher aus – aber leider sowohl bei Lichteinfall als auch bei dunkler Lagerung, da sich Farben unterschiedlich schnell zersetzen. Niedrige Temperaturen helfen aber, diese Vorgänge zu verlangsamen. Als Bindemittel diente meist Gelatine, diese verträgt zu viel Feuchtigkeit schlecht, weil sie sehr schimmelanfällig ist und sich dann leicht vom Papier lösen kann.

Die beste Lagerung für Fotografien ist in der Horizontalen: idealerweise mit Trennblättern aus Papier oder einzelnen, beschrifteten Umschlägen in einer Box liegend und nicht höher als 5 cm gestapelt, weil sonst der Druck auf die untersten Lagen zu hoch wird und sie mit den anderen Schichten verkleben können. Das Problem mit dem Ankleben hat man übrigens auch bei der Aufbewahrung in Plastikfolien. Auch Fotoalben sollten liegend aufbewahrt werden, weil so die Sauerstoffzufuhr gering gehalten werden kann.

 

Kleber selber machen

Wenn Sie die Fotos einkleben möchten, können Sie sich ganz leicht einen Kleister aus Weizenstärke mit Wasser anrühren: Dieser ist alterungsbeständig, reversibel und schadet den Fotografien weniger als handelsüblicher Klebstoff oder gar Klebeband. Mit all dem Fachwissen ausgestattet, sollte es Ihnen leichtfallen, Ihren Schätzen ein neues Heim zu schaffen

 

Zum Stöbern im Internet: 75.000 Ansichtskarten der Österreichischen Nationalbibliothek online.

 

Dieser Artikel ist ursprünglich im Schaufenster Kultur.Region, Ausgabe 2/2020 erschienen.

Text: Patricia Nekuda