DE
Museumsmanagement Niederösterreich, Foto: Katrin Vogg

Gemälde und Grafiken im Stift Melk

Alle ArtikelDIPkatalogNÖ Museen

Praelatur Stift Melk


Charakteristika einer Stiftssammlung
 

Das Stift Melk, dessen Geschichte bis in das Jahr 1089 zurückreicht, ist im Besitz einer bedeutenden Sammlung von Kunstwerken, die zu allen Zeiten seines Bestehens vom Stift erworben, manchmal direkt einem Künstler in Auftrag gegeben oder dem Stift durch Schenkungen bzw. Nachlässe übertragen worden sind. Bis heute wechselten sich Perioden intensiverer Sammeltätigkeit mit Phasen geringerer Sammlungszuwächse ab. Im Unterschied zu profanen Kunstsammlungen spielte im Stift Melk bei den Erwerbungen der Sammlungsobjekte nicht der künstlerische Wert der einzelnen Stücke die primäre Rolle, sondern vielmehr die Funktion und der Gebrauch, die die Kunstwerke beispielsweise innerhalb der liturgischen Aufgaben oder zu repräsentativen Ausstattungszwecken zu erfüllen hatten. So liegt der Schwerpunkt der Kunstsammlung – neben liturgischem Gerät – auf religiösen, dem Gebet und der Kontemplation dienenden Bildern. Über die Jahrhunderte ist dennoch eine äußerst vielfältige Sammlung mit Kunstwerken von unterschiedlichen Gattungen und kunsthistorischen Stilen zusammengekommen.

 

„Die lebendige und noch immer wachsende Stiftssammlung kann durch divergente, teils widersprüchliche Dynamiken charakterisiert werden: Auf der einen Seite steht der unerlässliche Wunsch, die Kunstwerke zu verwahren und bewahren, sie einzuordnen und festzuhalten. Demgegenüber ist evident, dass die Sammlung durch die laufenden Zuwächse und das fortwährende Neuordnen der Kunstwerke ständig in Bewegung gehalten ist. "

 

Sowohl der Anspruch, jedes einzelne Kunstwerk zu identifizieren, um die Sammlung einer Gesamtbewertung unterziehen zu können, als auch die Notwendigkeit, stets über die in den fast 500 Räumen des Hauses kursierenden Kunstwerke am Laufenden zu sein, machen besitzsichernde Eintragungen, Aufzeichnungen zu Verwahrungsorten, die Protokollierung von Veränderungen etc. notwendig oder kurz gesagt: verlangen ein aktuell gehaltenes Inventar.
Inventarbücher oder -karteien, die die Sammlung in ihrer Gesamtheit erschließen, sind nicht überliefert. Nur vereinzelt sind Listen kleinerer Teilbestände verfasst worden, meist imZusammenhang mit Ankäufen oder Nachlässen. Vor diesem Hintergrund ist die Erstellung eines Inventars des gesamten Kunstbestandes ein wichtiges Vorhaben, das nun im Rahmen des laufenden Projekts in Angriff genommen wurde.

Das Inventarisierungsprojekt

Mit dem langfristigen Ziel vor Augen, die gesamte Kunstsammlung zu bearbeiten, hat das Projektteam im vorliegenden, durch das vom Land Niederösterreich geförderte Projekt begonnen, die Gemälde und Grafiken digital zu erfassen, deren Bestand auf ca. 2.500 Werke geschätzt wird. In einer ersten Etappe, die Gegenstand der aktuellen Projektphase ist, sollen über den Zeitraum von zwei Jahren ca. 1000 Stück inventarisiert werden. Der Zeitpunkt, eine solche Inventarisierung in Angriff zu nehmen, könnte angesichts des digitalen Wandels wahrscheinlich nicht besser sein: Ein digitales Sammlungsmanagement nach State of the Art-Kriterien bietet einen enormen Gewinn für die Erfassung des Kunstbestandes im Stift Melk, nicht zuletzt deshalb, da – im Gegensatz zu analogen Inventaren – die digitalen Inhalte den Bedürfnissen einer dynamisch wachsenden Sammlung angepasst und immer wieder aktualisiert werden können.

Schritte zum digitalen Sammlungsmanagement

Wie das digitale Sammlungsmanagement im Stift Melk eingeführt und in den einzelnen Schritten umgesetzt wird, sei im Folgenden geschildert:

Bevor mit der eigentlichen digitalen Inventarisierung begonnen werden kann, müssen zahlreiche „analoge“ Schritte durchgeführt werden: Inventarnummern je nach Kunstgattung fachgerecht angebracht, die Kunstwerke konservatorisch untersucht, ihre Maße abgenommen und sie fotografiert werden. Dafür sind die Gemälde und Grafiken von der Wand zu nehmen, gegebenenfalls auszurahmen oder aus ihrer Montierung zu lösen. Die zum Teil großformatigen und schweren Bilder erfordern ein aufwendiges Kunsthandling von mehreren Personen, wobei die Expertise aller Beteiligten nahtlos ineinandergreifen muss. Zudem verteilen sich die Kunstwerke auf alle öffentlichen und privaten Räume des Stiftes. Deshalb ist es notwendig, die Objekte an öffentlich zugänglichen Orten zu Zeiten zu inventarisieren, wenn der laufende Museumsbetrieb reduziert und ein ungestörtes Arbeiten möglich ist. Die Gemälde und Grafiken müssen fotografiert und hochaufgelöste Bilddateien angefertigt werden; ein Vorgang, der gewährleistet, dass die Werke in absehbarer Zeit nicht nochmals bewegt werden müssen, was jedes Mal ein Risiko für die Kunstwerke bedeutet.  

In welcher Reihenfolge inventarisiert wird, hängt angesichts der Logistik weniger von der künstlerischen Qualität einzelner Werke oder einer besonderen Nachfrage einer interessierten Öffentlichkeit dafür ab, sondern mehr von den räumlichen Voraussetzungen bzw. den Personalressourcen des Stiftes. Trotzdem wird im laufenden Projekt der Versuch unternommen, eine Mischung aus einerseits – wegen ihrer kunsthistorischen Bedeutung – nachgefragten Kunstwerken und andererseits dem Publikum noch völlig unbekannten Bildern zu bewerkstelligen. So wurden im Rahmen dieses Inventarisierungsprojektes bereits die kulturhistorisch bedeutenden Porträts der Regenten Österreichs von Markgrafen Leopold I. bis Kaiser Karl I. im Kaisergang des Stiftes inventarisiert, die von Josef Kremer ca. 1759 und der Werkstatt Martin van Meytens 1745 geschaffen worden sind; ebenso die Gemälde im sogenannten Alten Bilderdepot, wo sich u. a. ein Teil des Gemäldebestandes von Joseph Neugebauer befindet, der in Form einer Schenkung in die Sammlung gekommen ist.

Aktuell werden zahlreiche Werke im neu eingerichteten Neuen Bilderdepot inventarisiert, etwa die – ebenfalls Josef Kremer zugeschriebenen – Gemälde, die sich zuvor in der Paramentenkammer befanden und neu restauriert wurden. Im Verlauf dieses Projekts sollen noch die Porträts in der Äbtegalerie, die Bilder im sogenannten Musikantenjuchee und in diversen Büroräumlichkeiten digitalisiert werden, wodurch diese weitgehend unbekannten Werke erstmals – zumindest virtuell – der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können.  Andere bedeutende Werke bzw. Werkgruppen hoffen wir in einem Nachfolgeprojekt bearbeiten zu können: zum Beispiel die Prunkstücke der Sammlung im Museum oder die bemerkenswerten 146 kleinformatigen Gemälde, die – zu fünf Wandtafeln gruppiert – die Wände des Festsaales der Prälatur verkleiden.

Digitales Sammlungsmanagement

Ziel ist es, die Kunstwerke in der Datenbank mit den Primärdaten (Inventarnummer, Objektbezeichnung, Kurzbeschreibung oder Titel, Material/Technik, Abmessungen, Erhaltungszustand, Standort) zu erfassen. Angesichts des riesigen Kunstbestandes und selbst wenn aufgrund des bisherigen Fehlens eines Inventars kurzfristig keine tiefergehende wissenschaftliche Erfassung jedes einzelnen Werkes erfolgen kann, soll jedoch von Anfang an soll eine gewisse Erschließungstiefe jeder Entität angestrebt werden. Sofern möglich, sollen auch Daten zur kunsthistorischen Einordnung, d. h. die Zuschreibung an einen Künstler oder eine Malerschule, zum Entstehungszeitraum (Stil/Epoche) sowie Informationen zur Provenienz etc. des jeweiligen Werkes erfasst werden.

Da der gesamte Kunstbestand im Stift Melk bisher weder analog noch digital erfasst worden ist, entfällt eine aufwendige Datenmigration in unser neues digitales Sammlungsmanagementsystem von DIP.noemuseen. Somit ist es von Anfang an möglich, die zu füllenden Datenfelder und die zu verwendende Vokabulare auf die spezifischen Bedürfnisse der Melker Stiftssammlung anzupassen – unter der Voraussetzung, dass die in die Feldkataloge von DIP.noemuseen integrierten Thesauri-Felder sicherstellen, dass alle Objekte und Entitäten mit einem kontrollierten Vokabular (Personen, Orte, Sachen etc.) und nach aktuellen technischen Standards erfasst werden.

Über die Plattform DIPkatalog.noemuseen wird das Projekt am Ende eine repräsentative, nach stiftsinternen Richtlinien getroffene Auswahl der 1.000 digital inventarisierten Werke aus der Kunstsammlung des Stiftes Melk einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen können. Durch die Veröffentlichung werden die inventarisierten Werke einem interessierten Publikum zugänglich gemacht und einer internationalen wie interdisziplinären Community wird die Möglichkeit gegeben, weiterführende Forschungen anzustellen, deren Ergebnisse wiederum dem digitalen Bestandskatalog der Gemälde und Grafiken im Stift Melk zugutekommen können.

Text: Nora Fischer

Stiftsammlung Melk im DIPkatalog

Filtern
Sammlung / Museum
Themensammlung
Material
Schlagwort
Zuordnung folgt dem Gemeinsamen Thesaurus für Kulturgeschichtliche Sammlungen.
Merkliste
asdf